Bildung + Lernen gGmbH

 
 

24.12.2016 | Thomas will nicht in die Behindertenwerkstatt
Mit gleichmäßigen Bewegungen reibt Thomas mit einer blaue Masse über die Motorhaube eines PKW. „Diese Reinigungsknete nehmen wir, um vom Pkw-Lack
hartnäckige Teerflecken rückstandslos zu entfernen“, erklärt Thomas Kem sachkundig. Eigentlich nichts Ungewöhnliches? Doch, denn der behinderte 19-Jährige aus Rünthe durchläuft hier ein von der Arbeitsagentur Hamm gefördertes einjähriges Praktikum im Rahmen der „Unterstützten Beschäftigung“. „Ich wollte nach Abschluss der Schule am Marsbruch (Anm. d. Red.: LWL-Förderschule für körperliche und motorische Entwicklung in Dortmund) nicht in eine Werkstatt für Behinderte. Ein Arbeitsplatz war und ist mein Ziel“, erklärt Thomas selbstbewusst.

Nach einem Schulpraktikum in einem Getränkehandel suchte er in diesem Jahr gemeinsam mit Arbeitstrainer Marko Fußy von Bildung & Lernen (AWO) nach einem
Praktikumsplatz für die Fördermaßnahme „Unterstützte Beschäftigung“, die die  Arbeitsagentur finanziert. Während einer Autofahrt hielten Fußy und Kem ganz spontan beim Fahrzeugaufbereiter CSP an der Werner Straße an. Dort stieß ihre Frage nach solch einem einjährigen Praktikumsplatz bei Prokurist Ralf Mischefski gleich auf offene Ohren.

„Um Thomas in den Betriebsablauf bestmöglich zu integrieren, suchten wir nach Lösungen wie wir ihn entsprechend seiner Behinderungen einsetzen können“, so Mischewski. „Mit unserem Mitarbeiter Steven Glodeck stellten wir ihm eine Art Paten
zur Seite, der in allen Fragen Ansprechpartner ist. Es ist erstaunlich wie gut sich Thomas hier in wenigen Wochen entwickelt hat“.

Auch in den Kollegenkreis ist er voll integriert. „Zunächst war es für mich ungewöhnlich, dass sich hier alle duzen. Auch mit meinem Chef Ralf. Steven ist für mich im Betrieb eine tolle Hilfe. Er hat viel Geduld beim Erklären der Arbeitsschritte und auch mit welchen Hilfsmitteln bei welcher Reinigungsarbeit gearbeitet wird“, erzählt Thomas Kem.

Arbeitstrainer begleitet ihn
Momentan begleitet ihn Arbeitstrainer Marco Fußy noch ab und zu bei CSP. Thomas
wird derzeit in der Innenreinigung der Fahrzeuge eingesetzt. „Mit verschiedenen Hilfsmitteln reinigen wir den kompletten Innenraum der Fahrzeuge. Mit dem Tornado
blase ich beispielsweise Staubpartikel aus unzugänglichen Ecken“, so Thomas. „Das Gerät mischt der Druckluft etwas Feuchtigkeit zu, die den Staub bindet, damit man ihn später absaugen kann“. „Wir überlegen derzeit, wie wir Arbeitsmaschinen wie beispielsweise eine Poliermaschine so umrüsten können, dass Thomas sie problemlos bedienen kann. Eventuell reicht schon ein speziell entwickelter Haltegriff“,
so Mischewski. „Weil er sich innerbetrieblich so gut entwickelt, schicken wir ihn demnächst zu einem Lehrgang in Unna, wo er Techniken und Hilfsmittel bei der Fahrzeugaufbereitung noch intensiver lernt“.

Thomas fährt täglich mit dem Bus zur Arbeit. Freitags ist Seminartag bei der AWO in Kamen. „Natürlich würde ich später auch gern den Führerschein machen und eine eigene Wohnung beziehen“, meint Thomas. In der Freizeit hört er gern Rap von Tupac oder Eminem. Als Fußballer spielte er in der Schulmannschaft. „Man muss selbstständig werden, eigene Stärken und Schwächen erforschen. Dabei hat mir Herr Fußy sehr geholfen. Auch die anderen Kollegen bei CSP sind echt nett“, erzählt Thomas. „Ich finde es großartig zu hören wie zufrieden man bei CSP mit Herrn Kem ist. Dafür, dass man sich um ihn bemüht, Pläne mit ihm hat, bin ich Herrn Mischewski sehr dankbar“, so Fußy. Ralf Mischewski kann sich vorstellen, dass Thomas Kem nach dem Praktikum bei CSP weiterbeschäftigt wird. „Besonders wenn er den  Führerschein hat, ist er auch mit seiner Behinderung gut einsetzbar.

Foto: Unter Anleitung von Erhan Yesildag entfernt Thomas Kem hartnäckigen Schmutz auf der Motorhaube mit Reinigunsknete.

 

Quelle: Westfälischer Anzeiger
Text und Foto: Jürgen Klammer